Es ist Jahre her, seit mir eine Fotografiefreundin von einem Kurs erzählte, in dem der Referent die Frage stellte: „Was unterscheidet ein gutes Foto von einem schönen Foto?“
Seitdem beschäftigt mich diese Frage immer wieder einmal – besonders dann, wenn ich mir die unzähligen Fotos auf Instagram oder anderen Internetplattformen ansehe.
Vor einer Woche machten wir Urlaub in Piran, einer zauberhaften Stadt an der Adria in Slowenien. Fast an jeder Ecke warteten Postkartenmotive auf die Kamera. Ich konnte mich selbst beobachten, wie mich wieder die Lust am Fotografieren packte. Es war eher ein Aufsaugen von Bildern als das, was ich mit Meditativer Fotografie verbinde.
Es sind – zumindest aus meiner Sicht – schöne Postkartenmotive entstanden.
Aber wo liegt der Unterschied zu einem „guten“ Foto?
Vielleicht sind es einige Motive, die nicht im Vorbeigehen entstanden sind, bei denen das Augenmerk auf Ausdruck und Umsetzung einer Wahrnehmung lag. Die Spiegelung in einer Wasserpfütze nach dem Regen oder die Atmosphäre in einer der vielen engen Gassen. Gestalterisch reflektierter, wenn man es so bezeichnen kann.
Ein Resonanzfoto
Wenn ich diesen Beitrag im Rahmen der Meditativen Fotografie schreibe, würde ich neben dem schönen und guten Foto den Begriff Resonanzfoto ins Spiel bringen (auch wenn er in anderem Zusammenhang eventuell eine ganz andere Bedeutung hat). Beim Betrachten meiner Bilder am PC fiel mir ein Motiv ins Auge, das in mir etwas auslöste. Irgendetwas ging in mir in Resonanz, wobei ich bis jetzt nicht genau weiß, was es ist. Beim Fotografieren selbst war es eher eine spontane Wahrnehmung, ein schönes Motiv. Erst im Nachhinein spüre ich, dass da mehr war. Es handelt sich um das Bild mit dem Brunnen im Abendlicht.
Vielleicht ist es das archetypische Symbol des Brunnens, der aus der Tiefe das Wertvolle empfängt, das er im Überfließen weiterschenkt. Vielleicht ist es genau die Frage, die mich derzeit umtreibt: Was habe ich zu verschenken, mit welchen Fähigkeiten kann ich an andere etwas weitergeben?
Was hat das warme Licht im Foto mit mir zu tun, was der Schatten an der Wand?
Ich weiß, dass mich dieses Foto noch eine Zeitlang beschäftigen wird. Sicher wird mir dabei helfen, dass ich es inzwischen als Hintergrundbild auf meinem PC installiert habe.
Meditative Fotografie kann also durchaus erst nach dem Fotografieren, beim Betrachten eines Fotos, einsetzen – selbst wenn der Prozess des achtsamen Wahrnehmens vor dem Fotografieren nicht stattfand. Entscheidend ist die Resonanz in mir, egal ob vor oder nach der Aufnahme mit der Kamera.
Wenn ein Bild zu sprechen beginnt, wenn es mir etwas über mich erzählt, dann ist es mehr als ein schönes oder ein gutes Bild. Wobei ein Resonanzbild durchaus ein schönes und gutes Foto sein darf.