Gestern nahm ich mir wieder mal etwas Zeit, um meinen Linkedin-Account anzupassen. Unter den Themen, die man als Nutzer auswählen kann, ist auch die Fotografie aufgeführt, als Spezialbereich die Headshot-Fotografie.
Es scheint, der Begriff hat sich inzwischen bei uns eingebürgert und und gehört wie selbstverständlich zum Vokabular der Fotografie – selbst bei Fotograf*innen, die ich ansonsten sehr schätze wegen ihrer achtsamen Haltung.
Ruft man den Begriff „Headshot Fotografie“ in Google auf, kommen über eine Million Ergebnisse. Beim Stöbern auf den ersten Seiten habe ich keinen Eintrag gefunden, der sich in irgendeiner Weise kritisch mit diesem Begriff auseinandersetzt.
Kopfschuss im Angebot
Dass ich den Ausdruck Fotoshooting (bei Google über 15 Millionen Ergebnisse) kategorisch ablehne, wissen inzwischen viele, die mich kennen. Was für die meisten Fotografinnen und Fotografen selbstverständlich sein mag, hat für mich eher mit mentaler Körperverletzung zu tun. Zumal der Hintergrund dieses Ausdrucks eine reale Komponente hat: noch immer werden Kameras v.a. in Amerika mit einem Waffenschaft versehen, mit der Kamera wird auf Menschen gezielt und eben „geschossen“.
Harmlos, mag jetzt mancher sagen, und: wo liegt das Problem?
Sprache ist Energie
Das Problem liegt für mich zum einen im immer unreflektierteren Umgang mit Sprache, zum anderen in der fehlenden Achtung den Menschen gegenüber, die ich fotografiere. Ich möchte hier noch nicht einmal von Achtsamkeit sprechen. Aber jemandem einen „Kopfschuss“ zu verpassen oder ein „Baby-Shooting“ anzubieten, halte ich für mehr als deplatziert. Haben wir unser Gefühl für Sprache völlig verloren? Auch Worte sind Energien und Ausdruck einer Haltung, selbst wenn uns das meist nicht bewusst ist.
Sollte jemand bei mir ein Fotoshooting bestellen: nein, gibt es nicht! Headshots schon gar nicht!
Headshots – nein danke
Was ich im Rahmen der Porträtfotografie anbieten kann, ist meine Offenheit für Menschen, die sich über Fotos ein wenig mehr selbst entdecken möchten: achtsam, spontan, ausgelassen oder nachdenklich… aber nie verletzend. Weder mental, sprachlich, noch mit einer digitalen Waffe vor dem Gesicht.
Mag sein, dass dir dieser Artikel wenig achtsam und zu undifferenziert vorkommt. Aber manche Themen lassen mich einfach nicht kalt.
Lieber Georg,
ach wie gut ist der Artikel! Und wie wertvoll ist manchmal die Bestätigung des eigenen Gefühls! Ganz herzlichen Dank dafür! Er macht mich mutiger, für eine friedvolle Sprache einzutreten!
Herzliche Grüße
Gisela
Liebe Gisela,
vielen Dank für deinen Beitrag! Auch mir tut es gut, Menschen zu treffen, die so denken wie du! DANKE!
Herzliche Grüße! Georg
Hallo,
herzlichen Dank für diesen Beitrag…
Das trifft genau mein Verständnis von Fotografie und Sprache und mit eben diesen beiden beschäftige ich mich seit 45 Jahren.
Parallel fällt mir die Verrohung der Sprache auch unangenehm auf. Und lasse man sich nicht täuschen, auch die Verrohung der Sprache führt direkt zur Verrohung des Umgangs mit der bezeichneten Situation oder der Sache an sich.
Danke, für die Ansprache zu diesem sehr wichtigen Thema.
Herzlichst
Aaron Harald Bulla
Lieber Aaron,
herzlichen Dank für Ihren Beitrag! Schön, wenn immer wieder dieses Thema aufgegeriffen wird, ich kann Ihren Worten nur zustimmen!
Herzliche Grüße!
Georg
Lieber Georg,
dein Aritkel ist wohlüberlegt und kommt von Herzen.
Ja, unsere Sprache ist ein Segen. Eine unsagbar tolle Möglichkeit, um mit den Mitmenschen in Kommunikation zu treten. Einander Freud und Leid mitzuteilen.
Unsere Sprache gibt die Möglichkeit an der Oberfläche zu schwimmen oder mit Achtsamkeit, Tiefgangund Wertschätzung miteinander zu reden.
Und genau das können wir auch mit dem Mittel der Fotografie zum Ausdruck bringen.
Menschen in ihrem Wesen, mit ihrem Ich, mit all ihrer Freude oder auch Trauer ins Bild zu bringen. Und das kann uns nur gelingen, wenn wir mit Worten und Bildern achtsam umgehen.
LG und alles Gute, Christoph Neubauer